Sonntag, 8. Dezember 2013

Die virtuelle Einsamkeit

Unter dem Titel „Vernetzt und allein. Die Einsamkeit auf Facebook“ thematisierte Philipp Laage in der „Berliner Zeitung“ vom 4. Dezember 2013 den (scheinbaren) Widerspruch zwischen virtueller Vernetzung und realer Einsamkeit; wobei Facebook als Beispiel diente:
Es gibt offenbar einen Widerspruch: Fast jeder ist in eine große virtuelle Gemeinschaft eingebunden, doch das Gefühl dazu passt nicht. Das zeigen auch neuere Studien über das größte soziale Netzwerk Facebook, die zunehmend kritischere Ergebnisse liefern. Wissenschaftler um den Psychologen Ethan Kross von der University of Michigan fanden zum Beispiel heraus, dass die Nutzung von Facebook das subjektive Wohlbefinden junger Menschen eher reduziert als steigert, obwohl das Netzwerk ja eigentlich das Grundbedürfnis nach Austausch und Kommunikation befriedigen müsste.“

Vorab: Ich habe selbst ein Facebook-Profil, nutze dieses auch und kann mich wohl vom Vorwurf der Unkenntnis damit distanzieren.
Die Nutzung von Facebook – und anderen Netzwerken – kann nur begriffen werden, wenn man sich klarmacht, dass damit auf dem Weg der Flucht aus der Realität wieder ein Schritt zurückgelegt wurde. Der Anfang ist im ständig steigenden TV-Konsum zu suchen (derzeit über 4 h täglich in Deutschland). Beliebt sind dabei Serien – deutscher oder amerikanischer Machart -, die keineswegs das reale Leben von „Otto Normalverbraucher“ widerspiegeln. Es ist zu vermuten, dass die Beliebtheit korreliert mit der Unzufriedenheit über die eigene Gestaltung des Lebens. Wobei dies einhergehen kann mit zunehmender Anspruchslosigkeit im Privatleben.
TV-Konsum schafft damit zwar die gewünschte Abwechslung; bietet damit aber keinen Raum für Eigendarstellung (dass das TV dem mittlerweile entgegenkommt mit „DSDS“ u. ä. blende ich hier bewusst aus). Diese – besonders von jungen Leuten gefühlte – Lücke scheinen nun Facebook, Twitter u. a. auszufüllen. Hier können Menschen Selbstbeschreibungen abliefern; sich Freunde suchen, indem man einfach deren Profil anklickt; Erlebnisse schildert, die manchmal nur im Jubel über ein Ergebnis im Online-Spiel besteht.

Das Entscheidende besteht darin, dass Facebook – um jetzt bei diesem Netzwerk zu bleiben – oftmals Kontakte aufbaut, die nicht durch Eigenerleben gedeckt sind. Freundschaften entstehen durch gemeinsam Erlebtes, möglichst über einen langen Zeitraum. Darauf aufbauend (!) kann Facebook diese Kontakte erhalten, vielleicht sogar verstärken. Aber dieses Eigenerleben – auch im Sinne eines selbst geplanten „Events“ – scheint mehr und mehr zu fehlen. Möglicherweise ist es auch die Furcht, sich bloßzustellen, sich als der fehlerhafte Mensch zu präsentieren, der man wie jede/r andere Mensch ist. Abgesehen von der Tatsache, dass die Lebenszeit, welche man online verbringt, real verloren ist.
Kurz: Das Hauptproblem, welches o .g. Widerspruch birgt, ist die Antriebslosigkeit vieler Menschen – durchaus nicht nur junger Leute -; besonders in der realen Kommunikation.


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